Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bedarf wissenschaftlicher Entscheidungshilfen zur Lösung seiner politischen und administrativen Aufgaben. Da die Bundesforschungsanstalten nicht immer den Entscheidungshilfebedarf (EH) des Ministeriums abdecken können, ist es notwendig, Forschungsaufträge an wissenschaftliche Einrichtungen außerhalb der Bundesverwaltung zu vergeben.
Aufgabenbeschreibung
Als tagaktive Vogelarten besitzen Puten und Hühner typische, artspezifische Verhaltensweisen und biologische Ansprüche, die bei der Gestaltung ihrer Haltungsumwelt, Pflege und Versorgung angemessen zu berücksichtigen sind. Bei der Haltung von Puten und Hühnern spielen dabei insbesondere Aufbaummöglichkeiten, Gruppengröße und Besatzdichte eine zentrale Rolle, da sie das Verhalten und Wohlbefinden der Tiere maßgeblich beeinflussen können.
Vorliegende wissenschaftliche Ergebnisse zeigen, dass erhöhte Strukturen insbesondere für artgemäße und verhaltensgerechte Ruhephasen wichtig sind und somit das Wohlbefinden der betreffenden Tiere fördern können. Ebenso kann die Gruppengröße das Sozialverhalten beeinflussen, während die Höhe der Tierzahl pro Flächeneinheit (Besatzdichte) Einfluss auf Möglichkeiten zur Ausübung natürlicher Verhaltensweisen hat. Strukturelemente wie Sitzstangen oder erhöhte Ebenen können zudem Stress in großen Gruppen reduzieren und den Tieren Rückzugsorte bieten.
Für die Formulierung von konkreten Empfehlungen oder die Festlegung von Mindestanforderungen an die Gestaltung und den Einsatz von Aufbaummöglichkeiten, Gruppengrößen und Besatzdichten für die Puten- und Hühnerhaltung liegen bislang jedoch nur wenige detaillierte wissenschaftliche und praxisnahe Erkenntnisse vor. Insbesondere fehlen belastbare Daten dazu, wie sich unter Berücksichtigung der Nutzungsrichtung unterschiedliche Haltungsbedingungen auf das Verhalten und das Wohlbefinden der Tiere auswirken. Um diese Wissenslücken zu schließen, sind daher wissenschaftlich fundierte Untersuchungen erforderlich. Diese können als Grundlage für künftige Empfehlungen und/oder nationale oder internationale rechtliche Regelungen dienen.
Für die Geflügelarten und Nutzungsrichtungen Mastpute, Masthühner, Masthühner-Elterntiere sowie männliche Masthühner der Legelinien wird ein besonderer Forschungsbedarf gesehen. So zeigen Mastputen ein arttypisches Bedürfnis zum Aufbaumen. Die Nutzung erhöhter Strukturen beispielsweise in Form von A-Reutern oder (kleinen/niedrigen) Strohballen erfolgt bereits ab der zweiten Lebenswoche, da die Küken in diesem Alter mit den ersten Flugversuchen beginnen und zum zielgerichteten Anfliegen erhöhter Strukturen in der Lage sind.
Im Hinblick auf Masthühner und Masthühner-Elterntiere ist bekannt, dass diese schon ab den frühen Lebenstagen eine erhöhte Aufbaummöglichkeit aufsuchen. Allerdings fehlen wissenschaftliche Erkenntnisse über Anforderungen an die Gestaltung und den Einsatz von Aufbaummöglichkeiten (zum Beispiel Platzbedarf je Tier, Art, Form). Zwar liegen hinsichtlich der Besatzdichten bereits Untersuchungsergebnisse vor, aus denen sich Empfehlungen für schnellwachsende Masthühner ableiten lassen. Jedoch fehlen entsprechende Untersuchungsergebnisse für langsamer wachsende Linien sowie für Masthühner-Elterntiere.
Die genannten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Anforderungen an die Gestaltung und den Einsatz von Aufbaummöglichkeiten fehlen insbesondere auch für die Haltung von Junghennen und juvenilen Elterntieren. Für männliche Masthühner aus Legelinien (sogenannte „Bruderhähne“) liegen derzeit nur sehr wenige wissenschaftliche Erkenntnisse zu Platzbedarf, Aufbaumstrukturen oder Gruppengrößen vor. Verfügbare Studien zeigen, dass Bruderhähne bereits ab der ersten Lebenswoche erhöhte Strukturen nutzen. Im Rahmen der Untersuchung der genannten Aspekte (Platzbedarf, Aufbaumstrukturen, Gruppengröße) stehen die besonderen Verhaltensweisen von Bruderhähnen in Bezug auf Bewegungsverhalten, Komfort- und Sozialverhalten sowie die Wahrung individueller Abstände unter Berücksichtigung der eingesetzten Zuchtlinien und der vorgesehenen Haltungsdauer/des Schlachtalters im Fokus.
Die zu untersuchenden Aspekte (Fragestellungen) sollen die Mindestflächenanforderungen für das Ausüben unterschiedlicher Verhaltensweisen unter Berücksichtigung der Synchronizität dieser Aktivitäten sowie die Auswirkungen verschiedener Gruppengrößen auf Verhalten, Bewegungsmuster, Stresslevel und das allgemeine Wohlbefinden der Tiere umfassen.
Im Fokus stehen sollen hier zudem wissenschaftliche Erkenntnisse zu Besatzdichten, die den betroffenen Tieren ausreichend Platz für Bewegungsverhalten, soziale Interaktionen und Komfortverhalten bieten. Weiterhin sollen insbesondere die geeignete Fläche und Gestaltung (Höhe, Breite, Form, Material) erhöhter Ebenen und Sitzstangen (unter anderem auch statischer und dynamischer Platzbedarf) sowie die Abstände zwischen den Strukturen untersucht werden.
Die fehlenden Erkenntnisse sollen durch entsprechende wissenschaftliche und praktische Untersuchungen gewonnen werden, die zielorientiert gestaltet sind und belastbare Schlussfolgerungen im Hinblick auf die dargestellten (offenen) Fragestellungen liefern. Zielführend erscheinen dabei praxisnahe Versuchsanordnungen/Versuchsdesigns, die neben den typischen Leistungsparametern auch entsprechende Tierschutzindikatoren aufgreifen, die gesicherte Rückschlüsse auf die Tiergerechtheit der Haltungsbedingungen und das Wohlbefinden der Tiere sowie auf Möglichkeiten
zur Verbesserung der Haltung von und des Umgangs mit den genannten Tieren erlauben.
Den vollständigen Bekanntmachungstext finden Sie in dem Link oben.

