Anzeigepflichtige Geflügelkrankheiten Anzeigepflichtige Geflügelkrankheiten

Welche Geflügelkrankheiten sind anzeigepflichtig?

Tierseuchen können nicht nur Tiere, sondern auch den Menschen bedrohen. Wenn der einzelne Besitzer seinen Bestand allein nicht schützen kann und wenn die Tierseuche eine große wirtschaftliche Bedeutung hat, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt oder die menschliche Gesundheit gefährdet, greift der Staat ein und verpflichtet den Tierhalter zur Anzeige. Dadurch sollen Seuchenausbrüche frühzeitig erkannt und bekämpft werden.

Erkranken Tiere an Tierseuchen, ist das nicht nur für die Tiere selbst, sondern auch für Menschen gefährlich. Neben den tierschutzrelevanten Aspekten haben Ausbrüche hochansteckender Tierseuchen auch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für den betroffenen Tierhalter. Und nicht nur für ihn. Auch die Tierhaltungen in der Umgebung leiden unter den Folgen eines Seuchenausbruchs. Deshalb ist es wichtig, Tierseuchen unter Kontrolle zu halten. Einige davon sind in Deutschland anzeigepflichtig und durch die Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen geregelt: Tierhalter und Personen, die Kontakt zu erkrankten Tieren haben, müssen bei Verdacht die zuständige Behörde informieren. Diese überprüft den Verdacht, stellt den Ausbruch fest und ordnet entsprechende Maßnahmen an.

Für Geflügel besteht eine Anzeigepflicht für die hochpathogene Form der Aviären Influenza (Klassische Geflügelpest, HPAI), die niedrigpathogene Form der Aviären Influenza (LPAI) und die Newcastle Disease (Newcastle-Krankheit).

Klassische Geflügelpest (Aviäre Influenza, hochpathogene Form)

Die hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI, Klassische Geflügelpest) ist eine besonders schwer verlaufende Erkrankung, die durch Influenza A Viren der Subtypen H5 und H7 verursacht wird. Sie ist weltweit verbreitet und hat inzwischen sogar das antarktische Festland erreicht. Als natürliches Viren-Reservoir werden Wildvögel, insbesondere Wasservögel, angesehen. Diese erkranken meist nur leicht oder gar nicht an der Klassischen Geflügelpest, stecken aber an Rastplätzen weitere Vögel an. Dadurch kann sich das Virus während des Vogelzugs schnell über große Gebiete verbreiten. Die Klassische Geflügelpest hat mittlerweile den Status einer Panzootie erreicht, was bedeutet, dass sie sich über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg ausbreitet. Deshalb besteht in Geflügelhaltungen ganzjährig ein Risiko für Einschleppung und Verbreitung der Krankheit.

AI-Viren sind sehr stark an Vögel angepasst. Infektionen bei anderen Tierarten sind daher selten. In letzter Zeit wurden jedoch vermehrt Fälle von Klassischer Geflügelpest bei Säugetieren festgestellt, zum Beispiel bei verschiedenen Fleischfressern wie Füchsen, Robben, Mardern oder Nerzen. Die Tiere stecken sich beim Verzehr von infizierten Wildvögeln an. In sehr seltenen Einzelfällen kann sich auch der Mensch durch intensiven Kontakt mit infiziertem Geflügel mit Vogelgrippe anstecken und erkranken.

Das AI-Virus wird direkt von Tier zu Tier übertragen, vor allem über Ausscheidungen der Atemwege, der Bindehaut und des Kotes infizierter Tiere. Die Seuche kann auch indirekt weitergegeben werden, zum Beispiel über verunreinigte Fahrzeuge, Geräte, Kleidung oder Schuhe.

Multiples Organversagen

In den von der Seuche betroffenen Beständen kommt es häufig zu einem plötzlichen Rückgang der Futteraufnahme, einem starken Abfall der Legeleistung und schweren Erkrankungen sowie zahlreichen Todesfällen. Bei besonders empfänglichen Vögeln wie Hühnern und Puten können innerhalb von 72 Stunden alle Tiere einer Herde sterben. Dieser extrem schnelle Tod ist darauf zurückzuführen, dass eine Infektion alle Organe des Vogelkörpers befällt und zu Funktionsstörungen und Organversagen führt.

Biosicherheitsmaßnahmen zwingend erforderlich

Ist die Seuche in einem Bestand ausgebrochen, dürfen erkrankte Tiere nicht behandelt werden. Die zuständige Behörde ordnet stattdessen die tierschutzgerechte Tötung an, gefolgt von der unschädlichen Beseitigung der Tiere. Alle Geflügelhalter sind verpflichtet, dies unverzüglich zu melden. Zusätzlich werden Sperrzonen eingerichtet, in denen Handels- und Verbringungsbeschränkungen gelten. Die Schutzzone erstreckt sich über einen Radius von 3 km, während die Überwachungszone einen Radius von 10 km hat.

Landwirtinnen und Landwirte schützen ihre Tierbestände vor der Ansteckung mit der Klassischen Geflügelpest, indem sie den Kontakt zu Wildvögeln und deren Ausscheidungen verhindern. Auch die Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen im Betrieb und die Beschränkung des Fahrzeug- und Personenverkehrs auf ein Minimum sind zwingend erforderlich.

Kommt die Impfung gegen die Klassische Geflügelpest?

Aktuell steht auch eine Impfung gegen die Klassische Geflügelpest vermehrt im Fokus von Wissenschaft und Praxis. Befürworter argumentieren, dass eine Impfung einerseits vor der Krankheit schützt und andererseits die Menge des zirkulierenden AI-Virus im Geflügel reduzieren kann.

Immer mehr Länder stimmen für die Impfung, wobei Frankreich eine Vorreiterrolle einnimmt. Bereits im Oktober 2023 startete dort ein landesweites Impfprogramm bei Enten. In Deutschland führt das Friedrich-Loeffler-Institut seit September 2023 eine Impfstudie an Gänsen durch. Diese Studie untersucht insbesondere die Immunogenität, den Schutzeffekt, die Übertragbarkeit des Krankheitserregers und die Langzeiteffekte der Vakzine. In den Niederlanden läuft derzeit ein Feldversuch mit Vogelgrippeimpfstoffen bei Junghennen. Auch die USA beschäftigen sich ernsthaft mit der Impfung ihrer Bestände.

Es wird jedoch allgemein darauf hingewiesen, dass eine Impfung mit hohen Kosten für die Landwirte verbunden ist, da die Europäische Union eine strenge Überwachung der geimpften Bestände verlangt. Damit soll sichergestellt werden, dass sich das Feldvirus nicht unter den geimpften Tieren verbreitet. Es besteht auch das Risiko, dass die Impfung eine Mutation des ursprünglichen Virus begünstigt, da sie einen Selektionsdruck auf das Vogelgrippe-Virus ausübt.

Aviäre Influenza, niedrigpathogene Form

Auch die niedrigpathogene Form der Aviären Influenza (LPAI) wird durch Influenza A Viren der Subtypen H5 und H7 verursacht. Allerdings bewirken diese Viren bei infizierten Tieren, insbesondere bei Enten und Gänsen, nur leichte oder fast gar keine Krankheitssymptome. Wenn Tiere mit niedrigpathogenen AI-Viren infiziert sind, können sich diese Viren in den Tieren zu hochpathogenen AI-Viren entwickeln und zu schweren Seuchenausbrüchen mit hohen Tierverlusten führen. Einige niedrigpathogene AI-Viren können auch auf den Menschen übertragen werden, wenn er einer hohen Infektionsdosis ausgesetzt ist.

Newcastle-Krankheit

Die Newcastle-Krankheit ist eine hochansteckende Viruserkrankung, die Hühner und Puten, aber auch andere Vogelarten (z.B. Enten, Gänse, Strauße oder Tauben) befällt. Das Virus wird direkt von Tier zu Tier übertragen, hauptsächlich durch Ausscheidungen und Sekrete. Es kann auch indirekt über Fahrzeuge, Futter oder Transportkisten verbreitet werden. Wildvögel, Nagetiere und Insekten stellen zusätzliche Risiken dar, besonders in Freilandhaltungen. Die Verwendung von Geflügelkot als Dünger kann ebenfalls gefährlich sein.

Die Newcastle-Krankheit macht sich in der Regel drei bis sechs Tage nach der Infektion bemerkbar. Besonders auffällige erste Anzeichen für eine Erkrankung: Die Legeleistung der betroffenen Tiere geht drastisch zurück, die Eier haben dünnere Schalen oder sind sogar schalenlos. Das Eiklar ist wässrig und der Kot dünnflüssig, grünlich-gelb und teilweise mit Blut durchsetzt. Wenn sich die Krankheit schnell in der Herde ausbreitet, können Tiere auch plötzlich sterben, ohne zuvor sichtbare Symptome gezeigt zu haben. Die Todesrate erkrankter Tiere kann bis zu 100 Prozent betragen. Wenn sich die Krankheit etwas langsamer entwickelt, treten folgende Symptome verstärkt auf: Die Tiere zeigen eine starke Apathie, verweigern Futter und Wasser, haben Atemnot, geschwollene Augenlider und ihre Kämme verfärben sich bläulich. Tiere, die diese erste Krankheitsphase überleben, fallen später durch Lähmungen der Bein- und Flügelmuskulatur sowie Halsverdrehen auf.

Für die Newcastle-Krankheit gibt es in der Bundesrepublik Deutschland eine Impfpflicht, die auch für Hobbyhaltungen gilt. Die Impfung erfolgt über das Trinkwasser oder mittels eines Spray.

Niedersächsisches Biosicherheitskonzept Geflügel

Tierhalter müssen gemäß dem neuen EU-Tiergesundheitsrecht (Animal Health Law = AHL) und dem deutschen Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) wirksame Biosicherheitsmaßnahmen ergreifen, um ihre Tiere vor biologischen Gefahren wie Tierseuchen zu schützen. Das AHL schreibt vor, dass tierhaltende Betriebe individuelle Biosicherheitsmanagementpläne erstellen sollen. Dazu gehören zum Beispiel Regelungen zum Tier-, Personen- und Fahrzeugverkehr oder Vorgaben für die Nutzung von Ausrüstung im Betrieb.

In Niedersachsen wurde ein Biosicherheitskonzept entwickelt, um Geflügelhalter bei der Umsetzung zu unterstützen. Das Konzept bietet konkrete Arbeitshilfen und umfasst zehn Handlungsbereiche:

  • Angaben zum Betrieb und Lageskizze
  • Kenntnisse / Sensibilisierung / Unterweisungen
  • Umzäunung / Einfriedung
  • Betriebsgelände inklusive Tierbereich
  • Zutrittsregelungen / Hygieneschleuse (Personen)
  • Fahrzeugverkehr
  • Materialien (Einstreu, Futtermittel, Dung, Mist, Kadaver etc.)
  • Tierverkehr
  • Überwachung Tiergesundheit
  • Schädlingsbekämpfung

Der Leitfaden Niedersächsisches Biosicherheitskonzept für Geflügel haltende Betriebe (PDF) erklärt und präzisiert die Anforderungen der aktuellen nationalen und EU-Rechtsvorschriften für jeden der 10 Bereiche.


Letzte Aktualisierung 14.05.2024

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