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So lassen sich Nährstoffüberschüsse senken

Die Rohproteinversorgung in der Ration von Milchkühen ist in der Regel zu hoch. Eine Reduzierung auf den tatsächlichen, an den Laktationsstand angepassten Bedarf hilft, um Stickstoff- und Phosphorausscheidungen wirksam zu mindern.

In der landwirtschaftlichen Tierhaltung entstehen Jahr für Jahr große Mengen nährstoffreicher Exkremente, die als Dünger auf die Felder verbracht werden. Der Gesetzgeber gibt zwar Grenzen vor, wie viel Stickstoff mit den tierischen Düngern maximal ausgebracht werden darf. Dennoch versickern immer noch große Mengen dieses Nährstoffs ungenutzt im Boden oder gehen gasförmig verloren und belasten damit Grundwasser, Umwelt und Klima. Laut dem Thünen-Institut stammen 43 Prozent der landwirtschaftlichen Ammoniakemissionen Deutschlands aus der Rinderhaltung. Damit sind Rinder die größten Verursacher von Ammoniak. Außerdem gehen etwa 85 Prozent der Gesamtemissionen der klimawirksamen Treibhausgase Methan und Lachgas auf das Konto der Rinderhaltung.

Um die Gewässer-, Umwelt- und Klimaprobleme in den Griff zu bekommen, hat Deutschland dieses Jahr erneut die Düngeverordnung verschärft. Hinzu kommen strenge EU-Vorgaben zur Minderung der Ammoniak-Emissionen. Landwirtinnen und Landwirte müssen also ab jetzt noch stärker dafür sorgen, die Nährstoffüberschüsse zu reduzieren, wenn sie nicht Gefahr laufen möchten, den Tierbestand abzustocken oder zusätzliche Flächen für die Ausbringung der eigenen Wirtschaftsdünger zupachten zu müssen.

Rohproteinabsenkung ist machbar

In der Milchviehfütterung steckt großes Potenzial, um die Stickstoffausscheidungen zu senken. Zu dem Ergebnis kommen verschiedene Studien der letzten Jahre. Aus Praxisuntersuchungen ist bekannt, dass viele Milchviehhalterinnen und -halter den tatsächlichen Rohproteinbedarf der Tiere aus Sicherheitsgründen meist überschreiten. Der durchschnittliche Gehalt an Rohprotein in den Rationen liegt nach Schätzungen der Universität Kiel auf vielen Betrieben bei 17 bis 18 Prozent. Fütterungsversuche zeigen jedoch, dass auch Rationen mit 15 bis maximal 16 Prozent Rohprotein ausreichen, um bestehende Milchleistungen und Qualitätsparameter aufrechtzuerhalten. Selbst Höchstleistungen von bis zu 12.000 Kilogramm Milch pro Kuh und Jahr sind mit einer reduzierten Rohproteinversorgung möglich. Bei hochleistenden Kühen müssen dann aber zusätzlich pansengeschützte Aminosäuren zugefüttert werden (siehe Infokasten). Eine weitere Absenkung des Rohproteingehalts auf 14 Prozent – auch unter Zugabe limitierender Aminosäuren – wird von den Experten jedoch nicht empfohlen. Wie Untersuchungen an der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und an der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Bayern zeigen, führten solch niedrige Rohproteingehalte zu einer Minderung der Futteraufnahme der Milchleistung.

Pansengeschützte Aminosäuren für hochleistende Kühe

Kühe haben im Darm einen spezifischen Bedarf an Aminosäuren. Das mikrobielle Protein aus dem Pansen weist in der Regel eine optimale Zusammensetzung der notwendigen Aminosäuren auf. Für hochleistende Kühe reichen diese allerdings mengenmäßig nicht aus. Sobald die erste Aminosäure nicht mehr in ausreichender Menge verfügbar ist, werden die übrigen Aminosäuren auch nicht verwertet und müssen zu Harnstoff entgiftet und ausgeschieden werden. Bei der Milchproteinsynthese ist Methionin die erstlimitierende und Lysin die zweitlimitierende Aminosäure. Diese müssen bei rohproteinreduzierten Rationen von hochleistenden Kühen zugefüttert werden.

Wie stark können die Stickstoff- und Phosphorausscheidungen gemindert werden?

Die Deutsche Landwirtschafts Gesellschaft (DLG) geht in einem aktuellen Merkblatt von einem Stickstoff-Minderungspotenzial zwischen 9 und 14 Prozent bei maisbetonter Fütterung und 12 und 15 Prozent bei grasbetonter Fütterung aus. Die Höhe hängt vom Leistungspotenzial der Kuh ab: Je geringer die Milchleistung, umso geringer ist das Minderungspotenzial. Bei den angegebenen Minderungspotenzialen geht die DLG – je nach Leistungsklasse – von mittleren Gehalten an Rohprotein zwischen 136 und 150 Gramm pro Kilogramm Trockenmasse aus (über die gesamte Laktation einschließlich Trockenstehzeit).

Geringere Stickstoffausscheidungen sind in der Regel auch mit erheblich geringeren Ammoniakemissionen verbunden. Nach Angaben der DLG reduziert sich die Ammoniakemission um 17 Prozent, wenn der Rohproteingehalt der Trockenmasse um einen Prozentpunkt gemindert wird.

Viele Eiweißträger wie zum Beispiel Raps- oder Sojaextraktionsschrot haben hohe Gehalte an Phosphor, sodass über einen verminderten Einsatz auch die Phosphor-Überschüsse reduziert werden können. Laut DLG-Angaben liegt das Phosphor-Minderungspotenzial je nach Leistungsklasse zwischen 12 und 16 Prozent.

Die beispielhaften Nährstoff-Kalkulationen der DLG sind in einem Merkblatt nachzulesen: DLG-Merkblatt 444: Berücksichtigung N- und P-reduzierter Fütterungsverfahren bei den Nährstoffausscheidungen von Milchkühen

Zusätzlicher Nutzen: Verringerte Kosten, verbesserte Tiergesundheit

Neben der Senkung der Stickstoff- und Phosphorausscheidungen hat die Rohproteinsenkung aber noch weitere Vorteile: Durch den effizienteren Einsatz des Proteins in der Ration können die Futterkosten gesenkt werden. Nach Berechnungen der Universität Kiel können auf einem Betrieb mit 100 laktierenden Kühen mit jedem Prozent nutzbarem Rohprotein (nXP) weniger in der Ration, 2.920 Euro pro Jahr eingespart werden. Aber auch auf die Tiergesundheit hat die proteinreduzierte Fütterung einen positiven Effekt: Denn wenn kein Überschuss an Protein verfüttert wird, muss auch kein überschüssiger Stickstoff in Form von Harnstoff über die Leber verstoffwechselt werden.

Voraussetzung: Exaktes Fütterungsmonitoring

Um den tatsächlichen Bedarf an Rohprotein bestimmen und Änderungen an der Ration vornehmen zu können, ist ein genaues Fütterungsmonitoring unerlässlich. Die Operationelle Gruppe "Milch – Futter & Fütterung" unter Leitung der Universität Kiel hat einen Leitfaden zur proteinreduzierten Milchviehfütterung entwickelt, der auf der Website des Kompetenzzentrums Milch Schleswig Holstein heruntergeladen werden kann. Auf Anfrage kann dort zusätzlich eine Excel-Datei für ein betriebseigenes Fütterungsmonitoring kostenlos angefragt werden.

Letzte Aktualisierung 29.11.2022

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