Mehr Rohfaser gegen Federpicken? Mehr Rohfaser gegen Federpicken?

Federpicken: Wirkt sich mehr Rohfaser im Futter positiv aus?

Ein höherer Rohfaseranteil in der Futterration soll Federpicken und Kannibalismus in Legehennenherden vorbeugen. Doch welche Auswirkungen hat dies auf Futterverwertung und Legeleistung? Ein Praxistest sollte Klarheit schaffen und zeigte, dass der Rohfasergehalt in der Ration gesteigert werden kann, ohne dass Einbußen befürchtet werden müssen. Doch das Wichtigste bleibt ein gutes Management.

Wenn es darum geht, Federpicken und Kannibalismus in Legehennenherden zu vermeiden, muss nicht nur bei der Haltung der Tiere alles stimmen, sondern auch bei deren Fütterung. Denn eine bedarfsgerechte Versorgung mit Futter und Wasser ist eine wichtige Stellschraube im Management. Bei der Verhinderung des Pickens wird der Rohfaser eine große Bedeutung zugemessen. Man nimmt an, dass sich die Neigung zu Feder- und Zehenpicken, Federfressen und Kannibalismus durch einen höheren Gehalt an Pflanzenfaser im Alleinfutter mindern lässt.

Darüber hinaus soll sich Rohfaser auch auf die Abläufe im Verdauungstrakt positiv auswirken, unter anderem durch:

  • einen positiven Einfluss auf die Entwicklung des Verdauungstraktes bei den Junghennen, einschließlich des Muskelmagens,
  • einen positiven Einfluss auf die Entwicklung einer stabilen Darmflora,
  • die Bildung flüchtiger Fettsäuren, welche die Darmgesundheit fördern,
  • eine Verbesserung der Konsistenz der Darmexkremente, was bei Bodenhaltung eine bessere Einstreuqualität und weniger Schmutzeier zur Folge hat.

Praxistest zu Legeleistung und Futterverwertung bei höherem Fasergehalt

Doch wie wirkt sich ein höherer Rohfasergehalt im Legehennenfutter darüber hinaus auf Merkmale wie die Futterverwertung und die Legeleistung aus? Und erleichtert es das Halten von Legehennen mit intakten Schnäbeln? Das sollte in einem Praxisexperiment im Rahmen des Leitprojektes "Landwirtschaft in Sachsen – kompetent und verantwortungsvoll" mit sächsischen Legehennenhaltern und deren Partnern aus der Mischfutterindustrie herausgefunden werden. Geprüft wurde, welche Effekte das Anheben des Rohfasergehaltes im Futter auf 50 bis 60 Gramm pro Kilogramm auf den Fütterungserfolg im Allgemeinen und auf ausgewählte Tierwohlindikatoren im Speziellen hatte. Insgesamt 18 Herden von vier sächsischen Legehennenbetrieben - zwölf Herden in Bodenhaltung und sechs Herden in Freilandhaltung - wurden untersucht.

Futterstoffe, die viel Rohfaser enthalten

Dabei kamen unterschiedliche Rohfaserträger zum Einsatz – Rapsextraktionsschrot, Weizenkleie, Haferschälkleie, Gerstenkleie, Lignozellulose und Sonnenblumenextraktionsschrot – Futterstoffe, die sich mehr oder weniger gut für den Einsatz in der Legehennenfütterung eignen:

  1. Rapsextraktionsschrot: Rapsextraktionsschrot enthält etwa 10 bis 13 Prozent Rohfaser und 95 Gramm Lignin je Kilogramm Trockensubstanz. Die Rohfaser dieses Futterstoffes ist aber extrem klein strukturiert und in öligen Fraktionen gebunden, die in der Magensäure schnell weich werden. Damit eignet sich Rapsextraktionsschrot eher weniger für die Unterstützung der Darmperistaltik.
  2. Weizenkleie: Auch die Faser der Weizenkleie ist nach wenigen Stunden im Magen- und Darmtrakt aufgeweicht und hat einen Großteil ihrer Strukturwirkung verloren.
  3. Haferschälkleie und Gerstenkleie: Gerste und Hafer besitzen eine physikalisch effektive Rohfaser, welche die Darmschleimhaut bestmöglich schützt.
  4. Sonnenblumenextraktionsschrot:  Als wirkungsvoll erweist sich die Rohfaser des Sonnenblumenschrotes. Diese ist eher holzig und bleibt auch nach längerer Verweildauer im Verdauungstrakt in ihrer Struktur stabil.
  5. Lignozellulose: Kennzeichnend für die Lignozellulose ist ihr sehr hoher Fasergehalt; Lignocellulose bildet die Zellwand verholzter Pflanzen und dient ihnen als Strukturgerüst. Durch sie kann der Rohfaseranteil einer Ration sehr effektiv gesteigert werden.

Das Management der Tiere und des Betriebes ist entscheidend

Es zeigte sich, dass der Rohfasergehalt mit all den oben aufgezählten Futterstoffen gesteigert werden kann, ohne dass Leistungseinbußen in Kauf genommen werden müssen. Allerdings ist die Höhe des Rohfasergehaltes im Legefutter eine Gratwanderung, bei der die richtige Balance zwischen Darmgesundheit, Futterverwertung und guter Legeleistung gefunden werden muss. Im sächsischen Praxistest kam man zu folgenden Ergebnissen.

  • Konkrete Aussagen zum Einfluss auf die Leistung der Legehennen, auf Tierwohlkriterien und auf den Futteraufwand können auch nach dem Test nicht gemacht werden. Die Daten zeigten vielmehr, dass sich die betrieblichen Gegebenheiten und das Herdenmanagement stärker auf die Tierwohl- und Leistungsparameter auswirkten als moderat erhöhte Fasergehalte im Legehennenfutter. Das bedeutet: Wer Federpicken und Kannibalismus in seiner Herde vermeiden will, muss das Management im Betrieb optimieren.
  • Wenn die Uniformität der Herde unzureichend war und sich die Gewichtsentwicklung unterhalb der Empfehlungen des jeweiligen Zuchtunternehmens bewegte, beeinflusste dies die Leistungen der Tiere negativ. Wie gut und wie gesund sich Legehennen entwickeln, hängt sehr stark von ihrem Einstallgewicht ab, so eine Lehre des Praxistests. Legehennenhalter sollten deshalb großen Wert auf eine gute Qualität der Junghennen legen.
  • Bezüglich ihres Futterverbrauchs unterschieden sich Versuchs- und Kontrollherden im sächsischen Versuch nur minimal (120,5 Gramm Futter pro Tag versus 118,9 Gramm Futter pro Tag). Als Tendenz war erkennbar, dass von den Rationen mit einem höheren Gehalt an Rohfaser etwas größere Mengen gefressen wurden. Eine höhere Faserkonzentration im Futter wirkte sich stärker aus, wenn das Ausgangsniveau besonders niedrig gewesen war.
  • Angebotenes Beschäftigungsmaterial wurde unabhängig von der Fütterungsvariante von den Tieren sehr gut angenommen und genutzt.

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass ein erhöhter Rohfaseranteil im Futter helfen kann, das Risiko von Federpicken in Legehennenbeständen zu reduzieren, ohne Leistungseinbußen befürchten zu müssen. Erschwerende Bedingungen herrschen, wenn sich die Herde nicht einheitlich entwickelt und wenn die Gewichtsentwicklung unterhalb der Empfehlungen des jeweiligen Zuchtunternehmens liegt. Doch insgesamt erscheint es möglich, Legehennen mit intakten Schnäbeln zu halten. Es entstehen jedoch höhere Kosten, vor allem aufgrund des höheren Betreuungsaufwandes und des Einsatzes von Beschäftigungsmaterial.

Letzte Aktualisierung 18.08.2022

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