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Moderne Ställe bieten viel Luft und geschützte Rückzugsmöglichkeiten. Der luftdurchflutete Außenklimastall schützt Kälber auch vor Hitzestress im Sommer. Die saubere und trockene Einstreu bindet Schadgase. Bild: Angelika Sontheimer
Schon einfachen Maßnahmen schützen Kälber vor sommerlicher Hitze.
Durch den Klimawandel wird es künftig noch mehr heiße Tage im Jahr geben, an denen Rinder unter Hitze leiden. Ihr Körper ist bestrebt, die Kerntemperatur konstant zu halten, was den Stoffwechsel stresst. Das gilt auch schon für die Kälber. Für sie wird Hitzestress sogar lebensbedrohlich, da sie ihre Körpertemperatur noch nicht so gut regulieren können wie erwachsene Tiere.
Letztlich leidet auch die Wirtschaftlichkeit der Milchviehhaltung, wenn die Hitze für die Kälber zu stark wird. Die Energie, die die jungen Tiere zur Abkühlung ihres Körpers benötigen, fehlt an anderer Stelle für das Wachstum. Und ein vermindertes Wachstum führt später zu einer geringeren Milchleistung in der ersten Laktation. Eine gut durchdachte Kälberhaltung ist darum unter mehreren Gesichtspunkten entscheidend für die weitere Entwicklung des Betriebes.
Hitzeschutz für das Kalb fängt übrigens bereits im Mutterleib an. Belastet starke Hitze hochtragende Kühe, bringen sie beispielsweise Kälber mit geringeren Geburtsgewichten und einem geschwächten Immunsystem zur Welt. Auch die Thermoregulation der Kälber wird schon in diesem Stadium beeinflusst, wie verschiedene Untersuchungen zeigen.
In den ersten vier Lebenswochen liegt die ideale Temperatur für ein Kalb bei 15 Grad Celsius. Die Luftfeuchtigkeit beeinflusst die Wohlfühltemperatur, denn hohe Luftfeuchtigkeit belastet den Organismus zusätzlich. Darum werden die Werte von Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit zu Bestimmung einer geeigneten Umgebung in einem Temperatur-Feuchtigkeits-Index, dem THI, zusammengefasst.
Die Schwelle für Hitzestress bei Kälbern liegt bei einem THI von etwa 68. Ab einem THI von 85 beginnt schwerer Hitzestress. Dieser entsteht beispielsweise bei einer Außentemperatur von 32 Grad Celsius und 75 Prozent relative Luftfeuchte.
Bei höheren Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit fängt das Kalb an zu schwitzen und zu hecheln, um seine Körperkerntemperatur konstant zu halten.
Ist der Organismus überlastet, geht die Futteraufnahme zurück und das Kalb wird insgesamt träge. Gleichzeitig atmen die Tiere schneller und eine pumpende abdominale Atmung wird sichtbar.
In dieser Phase versucht der Körper, Wasser zurückzuhalten. Dadurch bleiben aber auch Toxine länger im Körper. Die Barrierefunktion des Darms wird gestört, so dass Bakterien und Toxine aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangen können. Systemische Entzündungen sind eine mögliche Folge.
Aufgrund der fehlenden Pufferung des pH-Wertes im Blut durch ausreichend Wasser kann eine Laktatacidose entstehen. Das ist eine Stoffwechselstörung, bei der sich zu viel Laktat, also Milchsäure, im Blut ansammelt, was zu einer Übersäuerung des Blutes führt. Man spricht dann von Azidose.
Bei steigenden Temperaturen im Sommer muss also neben der Außentemperatur auch die Luftfeuchtigkeit beobachtet werden, um frühzeitig reagieren zu können. Schon kleine Maßnahmen im Betrieb und in Betriebsabläufen helfen, Hitzestress vorzubeugen. Das gilt es zu nutzen.
Wo immer es betrieblich möglich ist, sollte die Versorgung der Kälber in den kühleren Morgen- und Abendstunden stattfinden. Verfahrenstechnische Maßnahmen wie Umstallen, Enthornen oder Misten sollten frühmorgens erfolgen.
Eine möglichst trockene Einstreu reduziert die Bildung von Schadgasen und belastet so die Lunge nicht noch zusätzlich. Im Sommer kann die Stroheinstreu kurzfristig auch gegen eine kühlere Einstreu aus Sand oder Sägemehl getauscht werden. Dabei ist aber darauf zu achten, ob die Kälber den Sand durch Lecken aufnehmen.
Bei sommerlichen Temperaturen wird für Kälber eine Luftgeschwindigkeit von mindestens 2,5 Meter pro Sekunde empfohlen. Ein Ventilator leistet gute Dienste und kann auch im Freien eingesetzt werden.
Eine gute Belüftung sorgt zusätzlich dafür, dass die Kälber weniger von Fliegen belästigt werden, die Krankheiten übertragen können.
Die Vernebelung von Wasser erhöht allerdings die Luftfeuchtigkeit und erschwert damit das Atmen. Besser ist es, das Fell der Tiere mit Augenmaß direkt nass zu machen, um Verdunstungskälte zu provozieren. Im akuten Fall von Hitzestress müssen die Kälber sofort aus der Hitze genommen und an einen kühlen, schattigen Platz gebracht werden. Dort empfiehlt es sich, die Tiere mit lauwarmem Wasser zu übergießen und tierärztliche Hilfe einzuholen.
Wasser ist das wichtigste Futtermittel und muss den Kälbern zu jeder Tageszeit frisch, klar und kühl zur Verfügung stehen. Gegebenenfalls kann es mit Elektrolyten, Vitaminen und Spurenelementen angereichert werden. Das sorgt für Energie und gleicht den Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen aus.
Besonderes Augenmerk benötigen Kälber mit akutem Durchfall. Durch den Flüssigkeitsverlust ist ihr Elektrolythaushalt ohnehin schon gestört. Dadurch dehydrieren sie noch schneller als gesunde Kälber. Gleichzeitig steht die Stabilisierung des Darmes an, um die erhöhten Toxingehalte wieder zu reduzieren. Hierbei können Probiotika im Milchaustauscher oder Hefekulturen helfen.
Auch bauliche Veränderungen können Hitzestress bei Kälbern vorbeugen. Die tierärztliche Hochschule Hannover weist in ihrem Abschlussbericht "Tiergesundheit, Hygiene und Biosicherheit in deutschen Milchkuhbetrieben – eine Prävalenzstudie (PraeRi), 2020) darauf hin, dass für Saugkälber nicht nur ein adäquater Schutz vor Kälte im Winter, sondern auch vor Hitze im Sommer gewährleistet sein muss und fordert einen beschatteten Auslauf der Kälberiglus.
Der Klimawandel bringt zunehmend heiße Sommer mit sich. Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter müssen sich daher mit dem Problem des Hitzestresses befassen, angefangen von den laktierenden Kühen über die Trockensteher bis hin zu den Kälbern und Jungtieren. Die Digitalisierung kann dabei helfen.
In Österreich wurde ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, das den Einsatz digitaler Technologien zur Erkennung des klimatischen Stresses, insbesondere Hitzestress bei Kälbern, untersucht. Klimastress beim Kalb: Erkennung von klimatischem Stress -insbesondere Hitzestress- bei Kälbern mittels digitaler Technologien
In dem Projekt sollen unter anderem Veränderungen des Tierverhaltens, der Futter-, Wasser- und Milchaufnahme, das Wachstum und die Zunahmen, die Futtereffizienz und weitere physiologische Parameter bei Kälbern im Zusammenhang mit Klimaänderungen bzw. –extremen in Bezug auf Hitze und Kälte mit Hilfe von neuen digitalen Technologien erfasst und bewertet werden.
Letzte Aktualisierung 05.08.2025