Die Borchert-Kommission legte ihre Ergebnisse im Februar 2020 vor. Das Expertengremium war sich darin einig, dass eine substanzielle Verbesserung des Tierwohlniveaus in Deutschland bei weitem nicht über den Markt – das heißt also allein mit Tierwohllabeln und an Verbraucherinnen und Verbraucher gerichteten Informationskampagnen – erreicht werden kann. Ein Großteil der Mehrkosten für die tiergerechteren Haltungsverfahren, so die Experten, müsse in Form einer langfristig angelegten staatlichen Förderung kompensiert werden. Nur so könne man hinreichende Effekte erzielen. Das Geld dafür solle aus einer Mehrwertsteuererhöhung oder aus einer ergänzenden Verbrauchssteuer auf tierische Produkte kommen.
Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung
Um zu prüfen, ob die von der Borchert-Kommission gemachten Vorschläge aus rechtlicher Sicht umzusetzen sind, beauftragte das BMEL im Herbst 2020 ein Gutachterteam, bestehend aus Fachjuristen. Deren 276 Seiten starkes Gutachten wurde am 2. März 2021 veröffentlicht. Grundsätzlich, so das Fazit des Gutachtens, seien die Vorschläge der Borchert-Kommission aus rechtlicher Sicht weitgehend umsetzbar. Man komme jedoch nicht umhin, an verschiedenen Stellen rechtliche Anpassungen vorzunehmen.
Das Expertenteam favorisiert in seinem Gutachten zudem eine andere Form der Finanzierung als die Borchert-Kommission und kam in ihren Kalkulationen auch auf höhere Kosten für den Umbau der Tierhaltung.
Was soll der Umbau der Tierhaltung in Deutschland kosten?
Die Borchert-Kommission hatte in ihrer Ausarbeitung von Februar 2020 vorgeschlagen, den Erzeugerinnen und Erzeugern die höheren Kosten tiergerechter Haltungsverfahren durch staatliche Fördermittel zu 80 bis 90 Prozent auszugleichen. Und zwar mit einer Kombination aus Prämien zur Abdeckung der laufenden Kosten und einer Investitionsförderung.
Nach Berechnungen der Borchert-Kommission würden dadurch zu Beginn der Umstellung (etwa im Jahr 2025) jährlich Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro nötig werden. Mit zunehmendem Umfang der Umstellungsmaßnahmen würden sich diese Kosten dann auf 2,4 Milliarden ab 2030 und auf 3,6 Milliarden ab 2040 steigern.
Laut der Machbarkeitsstudie wird dieses Geld nicht ausreichen. Die Verfasser der Studie gehen nach eigenen Kalkulationen von 2,9 Milliarden Euro in 2025, 4,3 Milliarden Euro in 2030 und 4,0 Milliarden Euro in 2040 aus.
Wie soll die Förderung finanziert werden?
Die Borchert-Kommission schlug in ihrer Studie im Wesentlichen zwei Möglichkeiten vor, wie sich die Kosten des Umbaus finanzieren lassen: Durch die Einführung einer Verbrauchssteuer auf tierische Produkte oder die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes. Bei beiden Methoden ergäbe sich eine positive Lenkungswirkung dadurch, dass nur Konsumentinnen und Konsumenten tierischer Produkte die höheren Kosten für die tiergerechtere Haltung tragen müssten. Außerdem würden die Verbraucher proportional zu ihrem Verbrauch belastet. Oder anders gesagt: Wer mehr Fleisch isst, zahlt auch mehr.
Doch es gibt auch entscheidende Unterschiede: Während sich die Verbrauchssteuer auf die von den Endkundinnen und Endkunden erworbene Menge an tierischen Produkten bezieht, ist die Bezugsgröße der Mehrwertsteuer der Warenwert. Eine Mehrwertsteuererhöhung hätte somit auch einen negativen Lenkungseffekt. Nämlich den, dass besonders nachhaltig und tiergerecht erzeugte Produkte, die sowieso schon deutlich teurer sind – wie zum Beispiel Bio-Produkte –, unverhältnismäßig benachteiligt würden (siehe Beispielkalkulation unten). Bei der Verbrauchssteuer wäre das nicht der Fall, weil sie sich allein auf die Verbrauchsmenge bezieht.