Mutterkuhhaltung wirtschaftlich gestaltenMutterkuhhaltung wirtschaftlich gestalten

Wie lässt sich die Mutterkuhhaltung wirtschaftlicher gestalten?

Für die Rindermast im Rahmen einer Mutterkuhhaltung gilt das Gleiche wie für andere Mastsysteme: Die Margen sind eng. Deshalb kommt es auch in diesem besonders tiergerechten Mastsystem darauf an, Kosten und Arbeitsaufwand niedrig zu halten und gleichzeitig die Verkaufspreise für das erzeugte Rindfleisch zu optimieren.
Wie groß das Einspar-Potenzial etwa beim Arbeitsaufwand ist, unterstreichen Zahlen aus dem Mutterkuhreport Baden-Württemberg. Danach liegt die Streuung bei der Arbeitszeit unter den befragten Betrieben zwischen 25 und 90 Stunden pro Tier und Jahr. Laut einer Schweizer Erhebung machen Fütterung und Entmistung etwa 55 Prozent der Arbeitszeit aus. Da liegt es nahe, in diesen Bereichen zum Beispiel über eine stärkere Mechanisierung nachzudenken.

Besonders tiergerecht

Die Mutterkuhhaltung gilt als besonders tiergerechte Haltungsform, insbesondere bei Freilandhaltung, da die Tiere ihr natürliches Verhalten ausleben können und in der Regel besonders vital sind. Bei guter, eigener Flächenausstattung ist die Freilandhaltung auch unter wirtschaftlichen Aspekten günstig, da zumindest in der Vegetationszeit kaum zusätzliches Futter bereitgestellt werden muss. Allerdings erfordert diese Haltungsform eine intensive, tägliche Betreuung der Herde. Dazu gehört vor allem die Kontrolle der Tiere, insbesondere der trächtigen Mutterkühe, die kurz vor dem Abkalben stehen. Genauso wichtig sind eine funktionierende Wasserversorgung und intakte Zäune. Bei weitläufigen Weiden in schwierigem Gelände kann für diesen Zweck auch die Anschaffung einer Drohne sinnvoll sein.

Betreuungsaufwand bei ganzjähriger Freilandhaltung gut kalkulieren

Bei ganzjähriger Freilandhaltung kommen in den in den Wintermonaten weitere Aufgaben für die Betriebsleitung dazu, zum Beispiel die regelmäßige Vorlage von Futterkonserven und eine noch intensivere Kontrolle der Tiergesundheit, insbesondere bei länger anhaltenden ungünstigen Wetterbedingungen. Dafür entfallen bei der ganzjährigen Freilandhaltung die Kosten für ein größeres Stallgebäude und der Arbeitsaufwand für die Entmistung. Ob eine ganzjährige Freilandhaltung überhaupt möglich ist, hängt aber entscheidend von den Böden am Betriebsstandort ab. Sie müssen trittfest und grundwasserfern sein. Optimal sind sandig-lehmige Mineralböden mit dichter Grasnarbe. Ist der Standort feucht oder gar moorig mit Staunässe, wird die Grasnarbe in den Wintermonaten komplett durch den Tritt der Rinderherde zerstört.

Ruhiger Umgang zahlt sich aus 

Ein möglichst stressfreier Umgang mit Rindern, etwa mit den Ansätzen des Low-Stress-Stockmanship-Konzepts, kann den Zeitaufwand reduzieren. Das Konzept basiert auf Vertrauen und Respekt gegenüber den Tieren und ermöglicht es, Herden oder Einzeltiere auf der Weide und im Stall zu treiben, ohne Druck durch Stöcke oder elektrische Treiber auszuüben. Praktiker berichten, dass sie nur noch halb so viel Zeit für das Treiben der Herde benötigen. Zudem wirke sich der stressfreie Umgang positiv auf die Mastleistung und die Fleischqualität aus.
Grundsätzlich ist es für den wirtschaftlichen Erfolg wichtig, den Fokus auf eine gute Herdenleistung zu legen, statt auf herausragenden Leistungen einzelner Tiere. Betriebe können sich dafür an konkreten Zielwerten orientieren, die mit der Herde angestrebt werden sollten.

Hohe Absetzquote anstreben

Dazu gehört zum Beispiel eine hohe Absetzquote von mindestens 0,95. Das heißt, dass von zehn Mutterkühen im zuchtreifen Alter im langjährigen Durchschnitt 0,95 Kälber abgesetzt werden müssen. Darüber hinaus sind hohe Zunahmen von etwa 1000 Gramm pro Tier und Tag anzustreben. Voraussetzung dafür ist ein entsprechend hohes genetisches Potenzial der Tiere mit optimaler Fruchtbarkeit, hoher Milchleistung und einem problemlosen Abkalbe-Verhalten. Ziel ist eine Trächtigkeitsrate von über 90 Prozent. Auch ein problemloser Geburtsverlauf, der möglichst ohne Hilfe erfolgen kann, ist gerade in der Mutterkuhhaltung ein wichtiger Faktor. Bei den Fleckvieh-Versuchsherden der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft Bayreuth werden zum Beispiel über 95 Prozent der Kälber ohne Hilfe geboren. 

Die Körperkondition im Blick behalten

Großen Einfluss auf Fruchtbarkeit und Abkalbeverhalten hat die Fütterung der Tiere und die dadurch bedingte Körperkondition. Mutterkühe sollten ihre Leistung aus betriebseigenen Grobfuttermitteln erbringen. Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Futteraufnahme bei hoher Futterqualität, vor allem in Bezug auf Schmackhaftigkeit und Energiegehalt (> 5,2 NEL/kg TM, LfL Bayern). Während optional konditionierte Kühe bis kurz vor dem Abkalben noch viel Grobfutter aufnehmen, geht die Aufnahme bei verfetteten Kühen bereits zwei Wochen vor der Geburt zurück. Bei nicht ausreichender Energiezufuhr beginnen diese Kühe bereits vor der Kalbung mit dem Abbau von Körperfett, was zu Leberbelastungen und Ketosen führen kann und in der Folge  auch zu Fruchtbarkeitsproblemen.

Trockensteher von der Herde trennen

Da die Gefahr einer Verfettung nach dem Absetzen der Kälber beziehungsweise in der Trockenstehperiode steigt, sollten Trockensteher von der Herde getrennt werden und Rationen mit geringerem Energiegehalt (4,4 bis 4,8 NEL/kg TM, LfL Bayern) erhalten. Erst in den letzten drei Wochen vor der Geburt sind wieder Rationen mit höherem Energiegehalt zu empfehlen. Fehler in der Fütterung lassen sich mithilfe des sogenannten Body Condition Score (BCS) erkennen, der sich auch in der Mutterkuhhaltung bewährt hat. Dabei wird der Versorgungszustand der Tiere regelmäßig beurteilt und eine Körperkonditionsnote erstellt. Über den Jahresverlauf und die einzelnen Phasen der Tiere wie Abkalbung, Hochlaktationsphase und Trockenstehperiode, gibt es dafür unterschiedliche Zielwerte, die eingehalten werden sollten. Bei stärkeren Abweichungen muss die Fütterung angepasst werden.
Welche Haltungs- und Fütterungsform aus arbeits- und betriebswirtschaftlicher Sicht optimal ist, hängt stark von den jeweiligen betrieblichen Voraussetzungen ab. Gibt es zum Beispiel alte Stallanlagen, können diese zu einfachen Laufställen für die Mutterkuhherde umgebaut werden.

Kurzrasenweide bietet Vorteile

Das mit Abstand günstigste Futter ist die Weide. Die Vollkosten für Heu oder Silage liegen etwa doppelt so hoch. Für Betriebe mit guter Ausstattung an Grünlandflächen bietet sich deshalb eine intensive Kurzrasenweide an. Ziel des Systems ist es, während der gesamten Vegetationsperiode den Futterzuwachs dem Bedarf der Herde anzupassen. Fläche und Zahl der Tiere müssen also gut aufeinander abgestimmt sein. Zudem sollte die Aufwuchshöhe durchweg bei etwa vier bis sechs Zentimetern liegen. Die Herde bleibt ganzjährig auf der gleichen Weide, die verfügbare Weidefläche wird aber je nach Stärke des Aufwuchses angepasst.
Da die Tiere nicht selektieren können, vermeidet man die Ausbildung von überständigem Gras. Mit dem energiereichen frischen Gras werden gute Zuwachsleistungen bei den Kälbern erreicht. Weiterer Vorteil ist der extrem geringe Aufwand für das Weidemanagement, da die Weidefläche erfahrungsgemäß nur etwa fünf Mal während einer Vegetationsperiode angepasst werden muss.

Vermarktung optimieren

Neben der Einsparung von Kosten bei der Erzeugung kann auch die Optimierung der Vermarktung die Wirtschaftlichkeit der Mutterkuhhaltung verbessern. Vor allem durch die Direktvermarktung der Fleischteile, aber durch die Zusammenarbeit mit Restaurants oder Kantinen, lassen sich deutlich höhere Preise erzielen. Mit einer Umstellung auf eine  ökologische Erzeugung können häufig zusätzliche Preisaufschläge generiert werden. Eine Direktvermarktung erhöht jedoch den Arbeitsaufwand durch den zusätzlichen Aufwand für die eigene Verarbeitung und Vermarktung um zwei bis zehn Stunden pro Tier. Zudem sind strenge Hygieneregeln zu beachten, die je nach betrieblicher Voraussetzung Investitionen in Verarbeitungs- und Lagerräume erforderlich machen.
Es lohnt sich, den Kunden aktiv die Vorteile der besonders tiergerechten Mutterkuhhaltung vermitteln. Ein Offenfrontstall auf dem Hof oder die Weidehaltung der Tiere nahe der Verkaufsstelle stärken das Vertrauen der Kunden in das Produkt. Auch Erklärtafeln oder andere Infomaterialien zu den Vorteilen der Haltungsform steigern bei Verbraucherinnen und Verbrauchern die Akzeptanz für höhere Preise.

Alte Nutztierrassen mit positivem Image

Je nach lokalen Voraussetzungen kann sich auch die Mast alter Nutztierrassen aus der Region rechnen. Eine Studie des Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) hat ergeben, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bereit sind, für Produkte alter Nutztierrassen höhere Preise zu bezahlen. Auch der Lebensmitteleinzelhandel ist durchaus an regionalen Spezialitäten interessiert. Entscheidend ist auch hier die Kommunikation. Sie ist ein wichtiger Baustein für die erfolgreiche Vermarktung.

Letzte Aktualisierung 08.02.2021

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