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Wie es in der Praxis gelingen kann, die Anforderungen des Tierschutzlabels "Für Mehr Tierschutz" zu erfüllen, wird im Projekt "Label-Fit" untersucht. Dabei geht es unter anderem um verfahrenstechnische Lösungen für die Flüssigentmistung von Schweineställen.
Schweinemäster, die das Tierschutzlabel "Für Mehr Tierschutz" führen möchten, müssen ihren Tieren organisches Beschäftigungsmaterial anbieten. In Ställen mit Spaltenboden und Gülleentmistung birgt dies jedoch ein verfahrenstechnisches Problem: Stroh, Heu oder Maissilage können auf der Gülle dichte Schwimmschichten ausbilden, die den Abfluss behindern. Die Entmistungskanäle, die in der Regel auf Flüssigmist und nicht auf die erhöhten Trockensubstanz- und Fasergehalte von organischen Beschäftigungsmaterialien ausgerichtet sind, können dann verstopfen. Deshalb sind Methoden gefragt, die auch dann eine funktionssichere Entmistung gewährleisten, wenn dem System neben der Gülle zusätzlich langfaseriges, organisches Material zugeführt wird.
Forschende der Universität Hohenheim arbeiten derzeit an technischen Verfahren, die das Entsorgungsproblem der organischen Masse lösen sollen. Mit Hilfe eines Versuchsstandes wollen sie den Entmistungsvorgang simulieren, nach potenziellen Verstopfungspunkten suchen und Möglichkeiten zu deren Auflösung finden. Die Versuche der Hohenheimer Wissenschaftler sind Teil des Projektes "Label-Fit: Schweinehaltung fit für das Tierschutz-Label". Neben der Universität Hohenheim beteiligen sich das Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (Landesanstalt für Schweinezucht), das Institut für Tierschutz und Tierhaltung des Friedrich-Loeffler-Instituts, der Deutsche Tierschutzbund und die VION GmbH an dem Forschungsvorhaben.
Im ersten Teil des Projekts konzentrierten sich die Forschenden auf die Entwicklung eines kompakten Moduls, das in die Güllekanäle von Schweineställen eingesetzt werden kann, um dort für eine funktionssichere Entmistung zu sorgen. Das Modul soll vor allem dazu dienen, die auf der Gülle schwimmende Schicht aus langfaserigem Material aufzulösen und sie konstant in den abfließenden Güllestrom einzumischen.
Aus der Praxis ist bekannt, dass Schwimmschichten unterschiedlich dicht sein können und nicht immer zusammenhängen. Dicke Matratzen aus Einstreumaterial (z. B. Häckselstroh) finden sich vor allem unter den Liegeflächen der Tiere und unter den Futterstellen. Dazwischen tauchen immer wieder Büschel aus langfaserigem Beschäftigungsmaterial auf (z. B. Heu und Langstroh) auf. Um die unterschiedlichsten Situationen durchspielen zu können, die sich bei der Entmistung eines Schweinestalles ergeben, entwickelte das Wissenschaftlerteam einen speziellen Versuchsstand. Dieser besteht aus drei funktionellen Einheiten:
Das Becken (Länge: 6 Meter, Breite: 0,6 Meter, Höhe: 0,4 Meter) ist das Hauptelement des Versuchsstandes. Mit ihm wird der Güllekanal nachgebildet. Weil das Becken aus transparentem Acrylglas besteht und demzufolge durchsichtig ist, können die Wissenschaftler das Verhalten der (Modell-) Flüssigkeiten und des langfaserigen Materials bei einem nachgestellten Entmistungsvorgang genau beobachten. Das gilt auch für das Rohrsystem aus transparentem PVC, das ebenfalls Einblicke in sein Inneres gestattet.
Das fünf Meter lange Hauptrohr des Systems verläuft parallel unter dem Becken und mündet in einen präparierten Zwischenbehälter mit Siebeinlage (Fassungsvermögen des Behälters: 1000 Liter). Mit dem Becken und mit dem Rohrsystem wird eine Schwerkraftentmistung ohne Steigung nachgebildet. Die Spülpumpe als dritte funktionelle Einheit des Versuchsstandes ist an den Zwischenbehälter gekoppelt. Mit ihr kann die Modellflüssigkeit zurück in das Becken gepumpt werden.
Im Gegensatz zu Praxisversuchen in realen Güllekanälen erlaubt die offene Bauweise des Versuchsstandes eine Auswertung per Videoaufnahme. Wiederholbare Versuchsreihen lassen sich auf diese Weise schneller und präziser durchführen. Weitere Vorteile des Versuchstandes sind:
Pegelstand: | circa 20 bis 23 Zentimeter (Maßstab 1:2), dies entspricht in etwa einem Pegelstand von 45 Zentimetern in der Praxis1) |
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Materialmenge: | 1.Versuchsanstellung mit Häckselstroh: 15 Gramm, 30 Gramm und 45 Gramm Häckselstroh pro Tier und Tag als Einstreumaterial, 2.Versuchsanstellung mit Heu (Simulierung des Extremfalles): 5 Gramm pro Tier und Tag plus 45 Gramm pro Tier und Tag Stroh |
Spülpumpenleistung: | bis zu 11 Kubikmeter pro Stunde |
Kanalvolumen: | 720 Liter, bei einem Pegel von 20 Zentimeter |
1) bei 0,5 Kubikmeter Flüssigmist pro Tier und Mastdurchgang (120 Tage) |
Die Suche nach einer geeigneten Modellflüssigkeit, mit welcher die besonderen Fließeigenschaften von Gülle abgebildet werden können, erwies sich bislang als die größte Herausforderung der Versuchsanstellung. Denn Schweinegülle unterscheidet sich hinsichtlich ihrer Fließeigenschaften sehr von anderen Flüssigkeiten: Sie ist ein so genanntes pseudoplastisches Fluid, das in Ruhe dickflüssig oder gelartig ist und unter Stress (Druck, Rühren, Fließen) dünnflüssiger und fließfähiger wird.
Aus diesem Grund konnten die Hohenheimer Wissenschaftler bei ihren Versuchen auch kein reines Wasser als Modellflüssigkeit verwenden. Sie testeten deshalb verschiedene Verdickungsmittel, und zwar Johannisbrotkernmehl, Guarkernmehl, Gummi Arabicum, Xanthan und Carboxymethylcellulose (CMC). Letztere kam den Fließeigenschaften von Gülle am nächsten, speziell den Fließeigenschaften von Gülle mit einer hohen Viskosität. Doch auch sehr dünne Gülle konnte mit diesem Material gut nachgestellt werden.
Die ersten Erfahrungen mit dem Versuchsstand zeigen, dass damit die Situation der verschiedensten Schweineställe realitätsnah nachgestellt werden kann. Um dies zu erreichen, nutzen die Forschenden unterschiedliche Aufsätze – zum Beispiel diverse Rühr- und Rupfeinheiten oder Tauch- und Spülmodule, die sie an den Stand montieren. Zusätzlich variieren sie mit dem Füllstand der Flüssigkeit, dem Anteil des langfaserigen Materials, der Durchflussmenge der Spülpumpe und den Ablassintervallen. Zur Funktionalität des Entmistungsmoduls lässt sich bislang folgendes festhalten:
Aus der erfolgversprechendsten Version des Versuchsmoduls entwickelten die Hohenheimer Forschenden ein Pilotmodul im Maßstab 1:1. Dessen Funktionsfähigkeit erprobten sie in den Güllekanälen des Bildungs- und Wissenszentrums Boxberg (Landesanstalt für Schweinezucht). Ziel war es, die Zuführung des organischen Materials zu optimieren. Das Pilotmodul konfigurierten sie mit vier gegenläufigen Wellen (Durchmesser: 10 Zentimeter), die sie mit je zwanzig Rührelementen ausstatteten. Um das Modul im Stall und in den Kanälen versetzen zu können, versahen sie es mit einem mobilen Rahmen.
Die Tests mit dem Pilotmodul erbrachten folgende Ergebnisse:
Besonders im Hinblick auf die funktionssichere Entmistung von Heuresten erprobten die Hohenheimer Wissenschaftler deshalb auch eine passive Entmistungsmethode – eine Kombination aus Kanalunterteilung, Schleusensystem sowie Spül- und Intervallentmistung.
Für die Versuche unterteilten sie den Kanal längs in vier Abteile von je 33 Zentimetern Breite. Diese Abteile lassen sich sowohl am Auslass als auch im Bereich der Spülpumpe verschließen und unsichtbar unter dem Spaltenboden einbauen. Die Erkenntnisse aus den Versuchen sind folgende:
Letzte Aktualisierung 20.01.2022