Milchkühe automatisch trockenstellenMilchkühe automatisch trockenstellen

Autodry: Milchkühe automatisch trockenstellen

Eine Software für Melkanlagen soll die Milchleistung von Kühen automatisch reduzieren, ein sanftes Trockenstellen ermöglichen und das Wohlbefinden der Tiere steigern.

Wenn Hochleistungskühe trockengestellt werden, geschieht dies für die Tiere meist ziemlich abrupt. Die Folge davon ist, dass der Euterinnendruck in den ersten Tagen nach dem Abmelken deutlich ansteigt. Dies kann zu Euterinfektionen während der Trockenstehphase führen. Um die Milchmenge in der Spätlaktation zu drosseln, werden einzelne Melkzeiten übersprungen oder die Energiezufuhr über das Futter wird drastisch reduziert, zum Beispiel durch plötzliche Fütterungsumstellung auf Heu. Diese Praxis birgt einige Risiken: Zum einen bleibt der Spüleffekt des Milchstroms während des Melkens aus, zum anderen wird der Stoffwechsel der Kühe belastet. Beides beeinträchtigt die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere. Um Euterentzündungen vorzubeugen, werden häufig Antibiotika eingesetzt.

"Autodry" - ein Softwaremodul zur schonenden Milchmengenreduktion

Schon länger wird deshalb überlegt, wie hochleistende Milchkühe schonender auf die Trockenstehphase vorbereitet werden können. Im Forschungsprojekt "Autodry - Minimierung des Antibiotikaeinsatzes zu Beginn der Trockenstehperiode durch automatisiertes Trockenstellen in der letzten Laktationsphase" entwickelte ein Team der Rheinischen Friedrich­-Wilhelms-Universität Bonn gemeinsam mit Partnern ein Softwaremodul zur automatisierten Milchmengenreduktion. Damit kann die Milchmenge von Melkzeit zu Melkzeit stufenweise vermindert werden, und zwar durch Abnehmen des Melkzeugs nach absolut gemolkener Milchmenge und durch Reduzierung des täglichen Ausmelkgrades. Auf diese Weise lässt die Milchproduktion langsam und auf natürlichem Wege nach.

Versuche zum Trockenstellen mit "Autodry"

Getestet wurde das Softwaremodul "Autodry" an der Holstein Friesian Herde der Lehr- und Forschungsstation Frankenforst der Universität Bonn. Aus dieser Herde wurden 59 eutergesunde Tiere ausgewählt, die eine Zellzahl von weniger als 100.000 Zellen pro Milliliter Milch und einen negativen bakteriologischen Befund aufwiesen. Die Kühe wurden in einem 2 x 4 Gruppentandem zwei Mal täglich gemolken. Bei 29 Tieren übernahm die Software "Autodry" das Trockenstellen. Sie reduzierte neun bis zwölf Tage vor dem Trockenstellen den täglichen Ausmelkgrad um jeweils 5 Prozent. Die übrigen 30 Tiere dienten als Kontrolle. Sie wurden am 230. Trächtigkeitstag bei einem Milchfluss von 300 Gramm pro Minute trockengestellt.

Für ihre Tests ging die Forschungsgruppe von folgenden Annahmen aus:

  1. Durch das Abnehmen des Melkzeugs nach absolut gemolkener Milchmenge und durch die allmähliche Reduzierung des Ausmelkgrades bleibt der Spüleffekt des Euters und des Zitzenkanals lange erhalten.
  2. Die im Euter verbleibende Restmilch bildet einen physiologischen Anreiz zur Leistungsminderung und unterstützt die Rückbildung des Drüsengewebes im Euter bereits vor dem eigentlichen Trockenstellen.
  3. Veränderungen der inneren Zitzenmorphologie, die durch den mechanischen Milchentzug entstehen, fallen durch den schonenderen Melkvorgang geringer aus.
  4. Die Gefahr des Auslaufens von Milch aus dem Strichkanal wird reduziert; die Abwehrbarriere des Strichkanals bleibt erhalten. Das minimiert die Gefahr von Euterinfektionen.

Von den Versuchs- und Kontrolltieren wurden 14 Tage vor und während der Tests folgende Daten erhoben (pro Kuh):

  • fünf Viertelanfangsgemelkproben (im Abstand von fünf bis sieben Tagen),
  • die tägliche Milchmenge pro Kuh,
  • die Melkdauer,
  • der durchschnittliche Milchfluss sowie
  • der letzte Milchfluss vor Abnahme der Melkzeuge.

Die Forschungsgruppe begleitete die Versuche durch engmaschige Gesundheitskontrollen (Zellzahlmessungen, bakteriologischen Untersuchungen, Bonitierung der Zitzenkondition). Auch die die Rückbildungsgeschwindigkeit des Euters wurde überprüft, und zwar ber die Messung des Haptoglobingehaltes im Milchserum (der Haptoglobingehalt gibt Hinweise auf Entzündungsprozesse im Euter). Darüber hinaus wurden Ultraschalluntersuchungen der Strichkanäle durchgeführt. Zusätzlich erfolgte eine Kontrolle auf Mastitiserreger.

Effektive Verringerung der Milchmenge mit "Autodry"

Die Ergebnisse der Tests an der Lehr- und Forschungsstation Frankenforst fielen sehr positiv aus:

  1. Durch das stufenweise Belassen von Restmilch im Euter konnte die Milchleistung vor dem Trockenstellen bei allen Tieren effektiv verringert werden, und zwar im Mittel um 34 Prozent. Im Vergleich dazu reduzierte sich die Milchmenge bei den Kontrolltieren nur um circa 3,4 Prozent.
  2. Das automatische Absenken der Milchleistung hatte keine negativen Auswirkungen auf die Eutergesundheit - es wurde kein einziger Mastitisfall verzeichnet und die durchschnittliche Zellzahl lag weit unter dem Grenzwert von 100.000 Zellen pro Milliliter Milch.
  3. Auf die Zitzenmorphologiemaße (zum Beispiel auf die Breite des Zitzenkanals) wirkte sich das automatische Trockenstellen ebenfalls positiv aus; der Zitzenkanal war bei den Versuchstieren nach dem Abmelken deutlicher geschlossen. Die Forscher stellten bei der Breite der Zitzenkanalöffnung einen signifikanten Unterschied zwischen den Versuchstieren und den Kontrolltieren fest - bei den Versuchstieren war der Zitzenkanal durchschnittlich 1,9 Millimeter breit, bei den Kontrolltieren wurden 2,6 Millimeter gemessen.

Aus diesen Ergebnissen schlussfolgert die Gruppe, dass ein automatisches Absenken der Milchleistung mit Hilfe des Softwaremoduls "Autodry" optimale Voraussetzungen für ein euterschonendes Trockenstellen bietet. Wie sich das Programm in der landwirtschaftlichen Praxis bewährt, muss weiter getestet werden. Aktuelle Ergebnisse hierzu liegen derzeit noch nicht vor.

Letzte Aktualisierung 23.02.2023

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