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Milchkühe, die ihr Futter überwiegend als frisches Gras von der Weide aufnehmen, sind nicht klimaschädlicher als hochleistende Kühe in Stallhaltung. Das zeigt die Uni Kiel.
Kühe kommen in Sachen Klimabilanz im Allgemeinen schlecht weg. Vor allem dann, wenn sie extensiv, das heißt vor allem auf der Weide, gehalten werden und nur eine geringe Milchleistung aufweisen. Zu diesem Schluss kamen verschiedene Untersuchungen der letzten Jahre, die sich mit dieser Thematik befassten - unter anderem die FAO. Viele Autorinnen und Autoren kamen daher zu dem Schluss, dass nur eine Intensivierung der Milchviehhaltung mit hohen Einzeltierleistungen zu einer nennenswerten Reduzierung der Klimagasemissionen beitragen könne.
Dass diese Empfehlung keinen uneingeschränkten Bestand hat, zeigt eine Ende 2019 veröffentlichte Metastudie des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Uni Kiel. In ihrer Studie verglichen die Wissenschaftler rund um Prof. Friedhelm Taube 30 verschiedene wissenschaftliche Publikationen, in denen die Klimabilanz von Milchkühen untersucht wurden. Ein wichtiger Ansatz der Kieler Forscher war es, die vielen unterschiedlichen methodischen Ansätze der einzelnen Studien so weit wie möglich zu vereinheitlichen und vergleichbar zu machen. Als wesentlichen Kritikpunkt an der bisherigen Klimabilanzierung der Milchviehhaltung identifizierte die Kieler Forschungsgruppe die vielen, verschiedenen methodischen Ansätze, die letztlich zu unterschiedlichen Interpretationen und Aussagen führten.
"Bislang einzigartig in der Studie ist, dass das Produktionssystem als Faktor mit in die Bewertung eingeflossen ist", sagt Thorsten Reinsch, Ko-Autor der Studie. Dafür haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler drei verschiede Haltungssysteme festgelegt. Darunter ein System "Stallhaltung", in dem die Tiere das ganze Jahr über im Stall gehalten werden. Ein zweites System "Weidehaltung", bei dem die Tiere mindestens 50 Prozent des Futters als frisches Gras auf der Weide aufnehmen und zusätzliches Konzentratfutter, z. B. Getreide, maximal 25 Prozent ausmacht. Das dritte System "Gemischte Systeme" beinhaltet jene Systeme die zwischen diesen beiden Ausprägungen liegen. Alle Daten der einbezogenen Studien wurden diesen drei Systemen zugewiesen.
Zwar kommt auch die Kieler Studie zu dem Ergebnis, dass die Emissionen zunächst deutlich sinken, wenn der Milchertrag pro Kuh steigt. Ab einem gewissen Niveau sei der positive Effekt steigender Milchleistungen fürs Klima jedoch deutlich abgeschwächt und habe damit nur noch wenig Bedeutung.
Vereinfacht, so fasst Reinsch zusammen, heißt das: "Die Milch von grasenden Kühen – und das ist die entscheidende Erkenntnis der Studie – ist nicht klimaschädlicher als die von hochleistenden Kühen in Stallhaltung."
Dafür gäbe eine Vielzahl möglicher Gründe: So erfordert die Haltung im Stall einen wesentlich höheren Energieaufwand bei der Futterbergung und Gülleausbringung.
Insbesondere wird mehr Kraftstoff verbraucht, weil das Futter gemäht und von den Wiesen und Äckern in die Ställe gefahren werden muss. Außerdem wird bei der Stallhaltung deutlich mehr Konzentratfutter, wie zum Beispiel Getreide, eingesetzt. Bereits diese Herstellung erzeugt Emissionen, die sich im CO2-Fußabdruck der Milch wiederfinden.
Hinzu kommt:
Und: Durch die nachhaltige Grünlandproduktion wird im Vergleich zu Silomais der im Boden gespeicherte Kohlenstoff nicht nur geschützt, es wird auch Humus angereichert und damit weiterer Kohlenstoff fixiert.
"Das langjährige Paradigma, dass nur über die Steigerung der Einzeltierleistung die Emissionen je Liter Milch gesenkt werden könnten und dass intensive Milchviehhaltung im Stall per se klimafreundlicher sei als die extensive Haltung auf der Weide, ist damit nun wiederlegt", so das Forschungsteam.
Welches Haltungssystem im Einzelfall das klimafreundlichere ist, kann nach Meinung der Kieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht eindeutig gesagt werden. Das hänge letztlich von einer Vielzahl von Faktoren ab.
Letzte Aktualisierung 11.07.2024