Genau zu wissen, wann die Geburt eines Kalbes beginnt und wie sie voranschreitet, ist wesentlich für den Betrieb und die Kuh und ihr Kalb. Wie gut helfen Sensoren bei der Geburtsüberwachung im Kuhstall?
Nächtliches Aufstehen für den Blick auf den Bildschirm der Videokamera in der Abkalbebox oder das regelmäßige Nachsehen im Stall, ob bei der Kuh die Wehen eingesetzt haben, sind wichtig aber zeitaufwendig und zehren an den Kräften der Betreuungspersonen. Zwar benötigen die meisten Kühe keine Unterstützung beim Kalben, dennoch ist es ratsam bei der Geburt dabei sein, um bei möglichen Komplikationen oder Mehrlingsgeburten schnell eingreifen zu können.
Seit einigen Jahren gibt es verschiedene Arten von Sensoren, die den Beginn der Geburt melden können. Ihre Anwendung entlastet nicht nur die Arbeitskräfte bei der Geburtsbetreuung, sie kommt auch den Kühen zugute. Denn diese fühlen sich häufig durch die Beobachtungen des Menschen vor Ort gestört und zögern in der Folge die Geburt hinaus.
Welche Systeme gibt es?
Es gibt verschiedene Arten von Sensoren und Systemen auf dem Markt, die zur Geburtsüberwachung eingesetzt werden können. Sie unterscheiden sich in ihrer Handhabung, Arbeitsweise und Aussagekraft.
Pedometer:
Viele Betriebe nutzen Pedometer zum Erfassen der Bewegungsaktivität der Tiere. Sie werden an einem Bein der Kuh befestigt und können zwischen Bewegung, Liegen und Stehen unterscheiden. Zusätzlich können sie auch einen Geburtsalarm senden. Hierfür nutzen sie die Änderung des Bewegungsmusters der Kuh vor der Kalbung. Die Aktivität der Kuh nimmt einige Stunden vor Geburtsbeginn zu, zudem legt sie sich mehrfach hin und steht wieder auf. Der Sensor erkennt so den Beginn der Kalbung und sendet einen Alarm auf das Smartphone oder Telefon.
Spangen mit Helligkeits- und Temperatursensor:
Die Vaginal-Spangen mit Helligkeits- und Temperatursensor werden den Kühen, die kurz vor der Geburt stehen, in die Scheide eingeführt. Beginnt die Geburt, schiebt sich die Spange aus der Scheide heraus und das Licht aktiviert den Alarm über einen Empfänger. Das System sendet so eine Nachricht, zum Beispiel auf ein Telefon. Das System erfasst zusätzlich die Körpertemperatur der Tiere.
Sensoren zum Messen der Schwanzaktivität:
Bei der Messung der Schwanzaktivität werden Sensoren am Schwanz einer Kalbin fixiert; mit einer Klemme oder mit Klebeband. Der Sensor misst die Bewegung des Schwanzes. Da die Bewegungsaktivität des Schwanzes rund vier bis sechs Stunden vor der Kalbung ansteigt, meldet der Sensor der Betreuungsperson per SMS, Push-Nachricht oder über eine App die bevorstehende Kalbung. Die erste Nachricht erfolgt etwa eine Stunde bevor die Wasserblase oder die Beine sichtbar werden. Eine Stunde später kann eine zweite Meldung erfolgen, sofern die Wehen weiter fortbestehen.
Sensoren zur Messung der Wiederkäuaktivität:
Auf vielen Milchviehbetrieben sind Responder am Hals der Kühe im Einsatz, um die Wiederkau- und Bewegungsaktivität zu messen. Diese Daten lassen sich auch nutzen, um den Geburtszeitpunkt festzustellen. Die Wiederkaudauer sinkt vor der Kalbung deutlich, die Bewegungsaktivität nimmt zu. Aus der Kombination der Daten wird ein Geburtsalarm generiert und an den Tierhalter gesendet.
Sensoren zum Messen der Körpertemperatur:
Bei diesem Verfahren wird eine Kapsel mit Sensor, ein sogenannter technischer Bolus, in das Vormagensystem der Kühe eingeführt. Der Sensor im Bolus erfasst dort unter anderem die Bewegungsaktivität und die Körperkerntemperatur sowie verschiedene Gesundheitsparameter. Er kann aber auch einen Geburtsalarm senden, denn bei Kühen sinkt die Körpertemperatur vor einer Kalbung. Dieses Ereignis nutzt der Sensor und meldet die bevorstehende Kalbung. Allerdings kann der Alarm auch schon zwei bis drei Tage vor der Kalbung ausgelöst werden.
Systeme arbeiten zuverlässig
In verschiedenen Versuchen wurde die Zuverlässigkeit der Sensoren zur Geburtsüberwachung untersucht. In einem Praxiseinsatz von marktüblichen Sensoren (zwei Sensoren zur Fixierung am Schwanz, ein Sensorsystem zur Messung der Körperkerntemperatur im Netzmagen), den die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft durchgeführt hat, erkannten die Sensoren 85 bis 93 Prozent der Kalbungen in einem definierten Zeitraum vor der Kalbung. Damit ist die Früherkennung von Kalbungen dieser Sensoren hinsichtlich der Trefferquote in etwa vergleichbar.
Sensoren am Schwanz des Tieres gaben wenige Stunden vor einer Kalbung eine Meldung ab und Sensoren zur Messung der Körperkerntemperatur im Mittel 20 Stunden vorher. Die Spezifität, das heißt die Anzahl von Tieren ohne falsch-positive Meldungen, schwankte bei diesen drei Sensoren zwischen 74 und 95 Prozent. Bei der Praxiserprobung eines Pedometers zur Früherkennung von Kalbungen an der Universität München wurden sowohl hinsichtlich Sensitivität (Empfindlichkeit in der Erkennung) als auch Spezifität deutlich niedrigere Werte ermittelt.
Welches System passt zum Betrieb?
Welcher Sensor zur Geburtsüberwachung gewählt wird, hängt vom Nutzerwunsch ab. Denn die Systeme unterscheiden sich deutlich im Zeitpunkt des Alarms. Der Bolus ermittelt nicht den Beginn des Geburtsvorgangs, sondern stellt eher eine langfristige Vorhersage dar. Der Geburtsalarm wird bei einigen Kühen bereits zwei bis drei Tage vorher durch das Absinken der Körpertemperatur zur Kalbung hin ausgelöst, wodurch Milchviehhalter aber genügend Zeit haben, die Kuh in eine Abkalbebox umzustallen.
Wer möglichst zeitnah über den Beginn der Austreibungsphase alarmiert werden möchte, sollte sich eher für Sensoren entscheiden, die am Schwanz befestigt werden, oder die Vaginalspangen wählen.
Betriebe, die bereits mit Pedometern oder Respondern zur Überwachung der Bewegungs- und Wiederkäuaktivität arbeiten, werden vermutlich bevorzugt die Daten zur Abkalbevorhersage nutzen, die ihnen das System schon bietet.
Sensoren können also auch im Abkalbemanagement sehr hilfreich sein und die Arbeit erleichtern. Während Sensoren, die am Schwanz der Tiere befestigt werden, über den Beginn der Geburt informieren, sind Sensoren, die im Netzmagen liegen und die Warnung über die Körpertemperatur generieren, eher als Frühwarnsystem zu verstehen. Wer bereits Pedometer nutzt, kann auf Daten aus diesem System zurückgreifen und über Alarm über die anstehende Geburt informiert werden.