Geflügel in Obst Geflügel in Obst

Geflügel in Obst

Eignet sich Geflügel zur Reduktion von Obstschädlingen in Obstplantagen? Im EIP-Projekt “Verringerung des Schädlingsdrucks durch Geflügelhaltung in Mobilställen” ging man dieser Frage nach. Mit der Geflügelhaltung sollten nicht nur die Schädlinge bekämpft werden, sie sollte sich auch gut in die bestehenden Abläufe des Obstbaubetriebs integrieren lassen.

Können Schädlinge in Obstplantagen mit Hilfe von Geflügel effizient dezimiert werden? Und wie lässt sich dies am besten bewerkstelligen? Das sind die zentralen Fragen des EIP-Projektes “Geflügel in Obst” (EIP – Europäische Innovationspartnerschaft).

Zum Hintergrund des Projektes: In Obstanbaugebieten bieten hohe Obstbaumdichten und das warme Klima optimale Bedingungen für Schadinsekten wie den Apfelwickler, die Kirschfruchtfliege oder die Birnengallmücke. Um diese Schädlinge in Schach zu halten, sind Landwirte stark auf den Einsatz von Pflanzenschutzmittel angewiesen, was wenig ökologisch ist. Zudem erschweren die verschiedenen Entwicklungsstadien der Schädlinge die Bekämpfung. Aber gibt es eine umweltfreundlichere Methode der Schädlingsbekämpfung?  Wie wäre es, Geflügel in den Obstplantagen laufen zu lassen? Die Tiere könnten durch ihr Scharren Schadinsekten aufspüren und diese fressen. So würden sie dazu beitragen, die Schädlinge einzudämmen. Außerdem bieten die Bäume und der krautige Boden der Obstanlagen ideale Haltungsbedingungen für das Geflügel.

Das Projekt

Diese nachhaltige und ökologische Möglichkeit der Schädlingsbekämpfung sollte im EIP-Projekt “Geflügel in Obst” getestet werden. Dabei sollte die Geflügelhaltung so an die Bedürfnisse der Obstbauern angepasst werden, dass sie sich gut in die bestehenden Betriebsabläufe integrieren lässt und mit den vorhandenen Arbeitskräften umgesetzt werden kann.

Das Projekt "Geflügel in Obst" wurde zum überwiegenden Teil in der niedersächsischen Obstbauregion “Altes Land” umgesetzt. Beteiligt waren drei ökologisch wirtschaftende Obstbaubetriebe mit verschiedenen Kulturen (Apfel, Birne, Kirsche). Gehalten wurden Puten und Legehennen. Als Haltungssystem dienten Mobilställe.

Legehennen nutzen Obstplantagen weiträumig

Bei den Legehennen wurden im Projekt zwei Durchgänge in einer Apfelplantage begleitet. Der Stall wurde alle zehn Tage auf eine neue Fläche versetzt, um das Areal optimal zu nutzen. Die Hennen nahmen den Auslauf gut an und trugen durch Scharren und Picken zur Bodenbearbeitung bei. Sie nutzten das Gelände weiträumig und die Bäume boten ihnen gute Unterschlupfmöglichkeiten und Schutz vor Greifvögeln. Rund vier Wochen vor der Apfelernte mussten die Hühner aus den Anlagen genommen werden, da sie begannen, die Äpfel zu fressen.

Die Legeleistung der Hennen war von Anfang an gut, und alle Herden machten stets einen sehr gesunden und vitalen Eindruck. Durch die etwa zehntägige Nutzung der Flächen konnte eine Mahd pro Jahr (von insgesamt fünf) eingespart werden. Der Arbeitsaufwand für 225 Bio-Legehennen lag bei 600 Stunden pro Jahr, davon täglich eine Stunde für Routinearbeiten. Zusätzliche Zeit war für das Versetzen des Stalls sowie für Schutzmaßnahmen gegen Greifvögel nötig. Die Eier wurden direkt ab Hof verkauft, und zwar für durchschnittlich 0,40 Euro pro Ei. Das ergab einen Gewinn von 9.762 Euro pro Jahr. Pro Legehenne blieb ein Erlös von 53,81 Euro bei einem Stundenlohn von 16,30 Euro.

Putenmast in Obstanlagen schwierig

Die Putenmast auf Obstbaubetrieben gestaltete sich insgesamt deutlich schwieriger als die Legehennenhaltung. Dafür gab es mehrere Gründe. Zum einen wurden die Puten in Lohnmast gehalten und waren jeweils nur für maximal drei Monate auf den Betrieben. Das machte es nahezu unmöglich, feste Routinen zu etablieren. Zum anderen nutzten die Puten die Ausläufe bei weitem nicht so intensiv wie die Legehennen. Probleme ergaben sich auch in der praktischen Haltung, insbesondere bei der Sicherung der Weideflächen. Es war schwierig, ausreichend Spannung auf den Elektrozaun zu bekommen, weshalb die Puten häufig ausbrachen.

Der mangelnde Strom führte außerdem dazu, dass Füchse eindringen konnten und die Herde nach und nach dezimierten. Bei fast jedem Durchgang traten Probleme mit Prädatoren auf,  vor allem mit Füchsen. Aber auch Greifvögel stellten eine Bedrohung dar.

Ein weiteres Problem ergab sich daraus, dass die Puten als Jungtiere in die Kirschanlagen gebracht wurden. Da sie noch relativ leicht und damit flugfähig waren, fraßen sie nicht nur die bereits herabgefallenen Kirschen, sondern flogen teilweise auch in die Bäume und fraßen die Kirschen direkt von den Ästen, was erhebliche Fraßschäden verursachte.

Schwer in Betriebsabläufe zu integrieren

Im Projekt konnte gezeigt werden, dass die Geflügelhaltung auf ökologisch wirtschaftenden Obstbaubetrieben grundsätzlich machbar ist. Die Tiere nutzen die Obstflächen und Ausläufe gut. 

Allerdings ist die Integration der Geflügelhaltung in den laufenden Betrieb schwer zu bewerkstelligen; eine professionelle Geflügelhaltung in Mobilställen scheint nur für bestimmte, intensiv geführte Öko-Obstbaubetriebe geeignet zu sein. Denn für eine erfolgreiche Geflügelhaltung müssen viele Faktoren zusammenwirken, die sich nur schwer mit den bestehenden Arbeitsabläufen eines Obstbaubetriebs vereinbaren lassen. Zu diesen Faktoren gehören personelle Kapazitäten, eine starke Motivation, sich intensiv mit der Tierhaltung zu befassen, sowie klare Zuständigkeiten in der Tierbetreuung. Die wichtigste Voraussetzung ist jedoch die Bereitschaft des Betriebsleiters oder seiner Mitarbeiter, zusätzliche Zeit in den Aufbau dieses neuen Betriebszweigs zu investieren.

Kaum Einfluss auf die Schädlingspopulation

Ein weiteres Problem ist, dass das Obst selbst eine attraktive Futterquelle für die Tiere darstellt. Die Tiere müssen so gemanagt werden, dass sie möglichst wenig Schaden an den Früchten anrichten. Im Projekt konnte auch nicht die erwartete Wirkung des Geflügels auf die Population der Obstschädlinge nachgewiesen werden. Auch wenn die Tiere die Obstanlagen gut nutzten, blieb ihr Einfluss auf Kirschfruchtfliege, Apfelwickler oder Birnengallmücke aus. Es zeigte sich auch kein Einfluss auf die Wühlmauspopulationen.

Leitfaden zu Geflügel im Öko-Erwerbsobstbau

Alle praxisrelevanten Ergebnisse aus dem EIP-Projekt "Geflügel in Obst" sind in der Broschüre Legehennen und Puten im Öko-Erwerbsobstbau – Ein Leitfaden für die Haltung(PDF) zusammengefasst. Hier finden sich unter anderem betriebswirtschaftliche Auswertungen für die Legehennenhaltung in Obstanlagen. Für Puten konnten aufgrund der geringen Datenverfügbarkeit keine betriebswirtschaftlichen Auswertungen vorgenommen werden. 

Ertragsminderungen von bis zu 25 Prozent

Die Ernteergebnisse zeigen, dass die Hühnerhaltung zu Ertragseinbußen von bis zu 25 Prozent führte, insbesondere im unteren Baumbereich, der für die Tiere zugänglich war. Diese Ertragseinbußen traten vor allem bei Bäumen in der Nähe der Ställe auf. Im Vergleich zur Kontrollparzelle ohne Hühner waren die Erträge der Hühnerparzelle deutlich geringer. Während dort im Schnitt 14,9 Kilogramm und 120 Früchte pro Baum geerntet wurden, waren es in der Kontrollparzelle 21,1 Kilogramm und 176 Früchte pro Baum. Allerdings wirkte sich die geringere Fruchtanzahl positiv auf die Qualität der Früchte aus: Die Früchte waren größer, schwerer und wiesen eine bessere Ausfärbung auf. Diese Qualitätsverbesserungen konnten jedoch den monetären Verlust durch das geringere Erntevolumen nicht ausgleichen.

Aufgrund der im Projekt gemachten Erfahrungen plant derzeit keiner der beteiligten Betriebe, Geflügel in naher Zukunft routinemäßig in die Betriebsabläufe zu integrieren.


Letzte Aktualisierung 09.01.2025

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