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Ein ruhiger, überlegter und positiver Umgang mit den Rindern fördert das Vertrauen und erleichtert das Treiben. Bild: Imke Brammert-Schröder
Rinder haben bestimmte Bewegungsdistanzen, die sich in Zonen einteilen lassen. Wer diese kennt, kann sie für sich nutzen. Das Treiben der Rinder wird damit leichter und stressärmer. Die Low-Stress-Stockmanship-Methode macht sich das zu nutze.
Treiben von Rindern gehört zum Alltag im Umgang mit ihnen. Beim Treiben kann jedoch leicht Stress entstehen, was den Umgang erschwert. Aus dem arttypischen Verhalten der Kühe ergeben sich Handlungsempfehlungen. Mit dem Zonen-Konzept und der darauf aufbauenden Low-Stress-Stockmanship-Methode lässt sich das Treiben erleichtern. Das fördert zusätzlich positive Erfahrungen der Kühe in Zusammenarbeit mit Menschen und trägt somit zu einem weiteren sicheren Umgang bei.
Das Wissen um die Zonen erleichtert den Umgang mit den Rindern. Als Beutetiere sind sie auch Fluchttiere. Ihr Ausweichverhalten sowohl in der Herde als auch als Einzeltier richtet sich somit danach, ob sie eine Person oder ein anderes Tier als Jäger empfinden. In natürlicher Umgebung leben sie in einer festen Herde in einem festen Sozialverband. In heutigen Milchviehherden werden dagegen immer wieder neue Gruppen gebildet. Die Gruppenbildung richtet sich zum Beispiel nach dem Alter oder dem Status einer Kuh. Regelmäßig werden auch einzelne Tiere in eine Herde integriert, zum Beispiel frisch abgekalbte Färsen in die laktierende Herde. Das bringt jedes Mal Unruhe und Stress in die Herde, was zu Abwehr- oder Fluchtreaktionen führen kann.
Im Umgang mit dem Menschen sind direkter Blickkontakt, hektische Bewegungen und laute Stimmen Stressfaktoren für die Tiere. Kühe reagieren auch hier häufig mit Flucht oder Abwehr, was die Arbeit nicht nur erschwert, sondern auch gefährlich werden kann.
Rinder nehmen ihre Umgebung anders wahr als Menschen. Durch die seitliche Anordnung der Augen haben sie ein wesentlich größeres Gesichtsfeld und sehen vor allem links und rechts mehr als der Mensch. Mit 330 Grad haben sie fast einen Rundumblick um den eigenen Körper.
Dieses große Sichtfeld hat allerdings den Nachteil, dass Kühe die Umgebung meist nur unscharf und verzerrt wahrnehmen. Der Bereich vor ihnen, in dem sie scharf sehen, ist äußerst klein.
Rinder müssen den Kopf herunternehmen, um etwas genauer zu beäugen.
Bewegungen nehmen Rinder dagegen als Fluchttiere hervorragend wahr. Dies kann ihnen in der Natur das Überleben sichern. Diese anatomischen Voraussetzungen und die daraus resultierenden verankerten Verhaltensweisen unserer Milchkühe gilt es beim Umgang mit ihnen zu beachten und zu nutzen.
Rinder haben Beobachtungs-, Bewegungs- und Flucht- beziehungsweise Angriffszonen innerhalb denen sie entsprechend agieren. Die Zonen orientieren sich am Abstand zu ihrem Gegenüber. Die Beobachtungszone ähnelt einem äußeren Kreis oder Oval um das Tier. Die Bewegungszone beschreibt ein etwas engeres Oval. Die Flucht- oder Angriffszone besteht aus dem kleinsten Radius um das Rind.
Wer sich einer Gruppe von Kühen nähert, zum Beispiel um diese zum Melkstand zu treiben oder auch um eine einzelne Kuh in eine Abkalbebucht oder in einen Klauenstand zu treiben, sollte die individuelle Größe dieser Zonen kennen. Bei alten, erfahrenen und vertrauten Kühen sind diese deutlich geringer als beispielsweise bei einer Gruppe von Jungrindern auf der Weide.
Steht der Mensch in der Beobachtungszone, beobachtet ihn die Kuh erst einmal nur.
Tritt der Mensch aber in die Bewegungszone, veranlasst er die Kuh zum Gehen. Tritt der Mensch wieder aus der Bewegungszone heraus, bleibt die Kuh wieder stehen.
Durch den Eintrittswinkel wird die Laufrichtung des Tieres bestimmt. Die Balance- oder Schulterlinie befindet sich in Höhe der Schulter der Kuh. Wenn man diese von hinten in Richtung zum Kopf durchschreitet, geht die Kuh nach hinten.
Wird die Balancelinie von vorn in Richtung Schwanz durchschritten, geht die Kuh vorwärts. Dieses Zusammenspiel von Mensch und Rind kann zusätzlich trainiert werden, vor allem wenn die Tiere bisher eher das Treiben mit einem Stock und lauter Stimme kennen.
Die Kühe erkennen und lernen relativ schnell, dass der psychische Druck, den die Treiberin oder der Treiber mit dem Betreten der Bewegungszone ausübt, sofort weggeht, wenn sie sich in die vom Menschen gewünschte Richtung bewegen.
Bei aufeinander eingespielten Teams können Herdenbetreuer oft schon allein durch Körpersprache wie Gewichts- oder Oberkörperverlagerung die Tiere lenken. Für die Kühe ist dieses Treiben nach der Lernphase stressarm. Sie vertrauen dem Menschen, weil seine Reaktionen für sie abschätzbar werden.
Das Wissen um das Zonenkonzept führt zu einem stressfreieren Umgang mit den Rindern. Low-Stress-Stockmanship beschreibt eine Treibemethode, die aus den USA stammt und sich dieses Wissen zunutze macht. Die Methode beruht darauf, dass sich der Mensch in bestimmter Art und Weise bewegt und gegenüber dem Tier positioniert. Weder Hände noch Stimme kommen zum Einsatz. Stattdessen wird mit Position und Bewegung, Nähe und Distanz gearbeitet.
Die Tiere lernen durch Druck und Druckreduktion. Reagiert das Tier, wird der Treibedruck sofort weggenommen.
Low-Stress-Stockmanship braucht Zeit und Geduld. Es ist besser, die Tiere selber aktiv werden zu lassen, als sie möglichst schnell an den gewünschten Ort zu treiben.
Zu beachten ist: Rinder sind Herdentiere, haben jedoch unterschiedliche Charaktere und ein individuelles Lernvermögen. Ein positiver Kontakt zu den Kühen ist für einen sicheren Umgang mit ihnen grundlegend. Das Zonen-Konzept und die damit verbundene Low-Stress-Stockmanship-Methode eignen sich sehr gut, den Stress im Umgang mit den Tiere zu vermindern.
1. Grundhaltung und Verhalten
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2. Umgebung und Planung
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3. Positionierung und Körpersprache
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4. Tierwohl und Sicherheit
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5. Training und Wiederholung
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Letzte Aktualisierung 17.12.2025